Nachwuchsforschergruppe Kreativität und Genie
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Workshop „Kreativität und künstliche Intelligenz“

16.10.2020

Ein von der Nachwuchsforschungsgruppe organisierter Workshop zum „Thema Kreativität und künstliche Intelligenz“ muss aufgrund der Kontaktbeschränkungen im Zusammenhang mit Sars-Cov-2 online stattfinden.

Konzept

In den vergangenen zwanzig Jahren hat die Entwicklung künstlicher Intelligenz enorme Fortschritte gemacht. Ein zentrales Problem bleibt die Möglichkeit „kreativer“ künstlicher Intelligenz, nach IBM Research „the ultimate moonshot for artificial intelligence“. Während für Margaret Boden Ende der 1990er Jahre noch die menschliche Kreativität das Modell für die Entwicklung kreativer künstlicher Intelligenz liefert, werfen jüngste technische Weiterentwicklungen die Frage auf, ob menschliche und künstliche Kreativität überhaupt noch füreinander Modell stehen können.


Die „kreative“ Maschine ist zugleich unerfülltes Phantasma und anthropologischer Skandal. Einerseits ist „künstliche Kreativität“ ein erklärtes Ziel der AI-Forschung. Andererseits weckt die Vorstellung von dichtenden Software-Programmen oder malenden Robotern jene existenziellen Ängste vor einer Ununterscheidbarkeit von Mensch und Maschine, die im Uncanny Valley ein psychologische Modell und im Genre der Science Fiction einen literarischen Verhandlungsort finden. Gleichzeitig ist zu beobachten, dass Kreativität, nicht nur in wissenschaftlichen Debatten um Kreativität und AI, sondern auch im Feuilleton, als anthropologisches Spezifikum gefasst wird, das für Computer, Roboter und lernende Algorithmen unerreichbar ist; Maschinen können demnach bestenfalls einen bestimmten Stil reproduzieren, aber kein originelles, eigenständiges Werk hervorbringen.
Die Alleinstellungsmerkmale, die gegenüber künstlicher Intelligenz in Stellung gebracht werden, stammen aus einer seit dem 18. Jahrhundert stabilen Rhetorik des schöpferischen Menschen: Sprunghafte Innovation gegenüber gradueller Verbesserung durch Deep Learning, wilde Assoziation gegenüber systematischer Analyse, intuitiv Überraschendes gegenüber linearer Logik sind Elemente dieses Narrativs menschlicher Irreduzibilität.
Der interdisziplinäre Workshop „Kreativität und Künstliche Intelligenz“ fragt nach dem Verhältnis von künstlicher Intelligenz und Kreativität: Hilft uns das Wissen über die Funktionsweisen kreativer AI dabei, menschliche Kreativität besser zu verstehen und inwiefern ist menschliche Kreativität noch ein Modell für ihre Entwicklung? Ist die Rede von „Kreativität“ in Anlehnung an menschliche Fähigkeiten überhaupt berechtigt, wenn die Entstehung des Neuen auf vorher festgelegte Programmkomponenten zurückzuführen ist? Die Ausweitung des Begriffs der Kreativität auf nicht-menschliches Verhalten ermöglicht es zugleich, die ideologischen Prämissen des notorisch unterbestimmten Begriffs selbst zu beleuchten, von denen möglicherweise eine „Menschlichkeit“ heißt.

Gäste

Liat Grayver (Berlin), Stefan Kammer (München), Burkhard Meyer-Sickendiek (Berlin), Jo Wickert (Hochschule Konstanz)

Flyer zum Workshop