Nachwuchsforschergruppe Kreativität und Genie
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Lektürekurs: La coscienza di Zeno

Lektürekurs am Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der LMU München

12.04.2018 – 07.06.2018

Donnerstag, 12 - 14 Uhr, Schellingstraße 3, Rückgebäude, Raum R U104B

Termine: 12.4., 26.4., 3.5., 17.5., 24.5., 7.6.

Italo Svevo, als Aron Hector Schmitz in einer deutsch-italienischen jüdischen Familie in Triest geboren, gilt als einer der Begründer und wichtigsten Vertreter der italienischen Moderne, und La coscienza di Zeno („Zenos Gewissen“ oder „Zenos Bewusstsein“) als sein Hauptwerk. Zwischen 1919 und 1923 geschrieben, setzt sich der Roman mit den damals bahnbrechenden Theorien der Psychoanalyse auseinander, und zwar in der Form autobiographischer Aufzeichnungen des tragikomischen Protagonisten, Zeno Cosini – Hypochonder, Neurotiker, Kettenraucher –, die dieser auf Empfehlung seines Psychoanalytikers, Dr. S., verfasst. Da Zeno aber die Therapie vorzeitig unterbricht, veröffentlicht der darum verärgerte Psychoanalytiker, entgegen aller professioneller Korrektheit, diese Memoiren mit dem Hinweis, Zeno sei ein pathologischer Lügner. Mit subtiler Ironie und einer guten Dosis jüdischen Humors berichtet Zeno über die Ereignisse, die sein Leben geprägt haben. Die psychologisch verzwickten Vorgänge, die ihn dazu führen, die Erinnerungen (unbewusst?) für sich selber oder für Dr. S. zu verfälschen, machen allerdings aus Zeno Cosini einen äußert unzuverlässigen Erzähler. Der Leser ist immer wieder dazu geneigt, die widersprüchlichen Aufzeichnungen in Frage zu stellen, ohne dass eine äußere Erzählinstanz die „Wahrheit“ etablieren könnte.
Der Lektürekurs nimmt sich vor, den Roman im Kontext der europäischen Literatur zu situieren und gleichzeitig das Werk Svevos in seiner Spezifität zu analysieren. Zentrale Frage des Seminars wird jene nach der radikalen Unzuverlässigkeit der Erzählung sein, die sich auf alle weiteren Aspekte des Romans auswirkt und aus narratologischer Perspektive untersucht werden soll. Auch die psychologische Selbstdarstellung Zenos, der Themenkomplex Krankheit / Gesundheit (auf individueller sowie auf sozialer Ebene) und Svevos sprachlich hybrider Stil werden wichtige Impulse für die Diskussion liefern. Ausgehend von La coscienza di Zeno werden wir außerdem die Möglichkeit haben, über Svevos Rezeption der Psychoanalyse zu sprechen, sowie über die einzigartige Stellung Triests – als multikulturelle und multilinguale Stadt, zwischen mitteleuropäischem Kosmopolitismus und nationalistischen Bestrebungen schwankend – in der intellektuellen und literarischen Landschaft Italiens am Anfang des 20. Jahrhunderts.