Nachwuchsforschergruppe Kreativität und Genie
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Poetik des schöpferischen Menschen

Jan Niklas Howe

Das Teilprojekt nimmt die Idee des schöpferischen Menschen in den Blick, die von der Genieästhetik bis zum aktuellen Kreativitätsdispositiv eine konstante Faszination ausübt. Ich versuche, herauszufinden, auf welche rhetorischen Strategien und poetischen Verfahren diese Beständigkeit zurückgeht. Die vergleichende Analyse des exzeptionellen Genies im 18. Jhdt. und des Norm- und Regelfalls des kreativen Menschen im 20. und 21. Jahrhundert soll keine lineare Entwicklung im Sinne einer Banalisierung von Schöpfertum und einer Universalisierung schöpferischer Potentiale aufzeigen, sondern eine aufwändige Dialektik rekonstruieren, die es ermöglicht, einen immer wieder als verbraucht abgeschriebenen Superlativ der Subjektivierung immer wieder zu aktualisieren. Literaturwissenschaftliche Genieforschung und kulturwissenschaftliche Kreativitätsforschung fokussieren jeweils einen komplementären Aspekt des schöpferischen Menschen: Genie wird zumeist als ästhetisches Paradigma abgekoppelt von der wirtschaftlichen Entwicklung seiner Entstehungszeit. Die kreative Klasse als ökonomisches Leitbild seit den 1950er Jahren dagegen greift, so der wissenschaftliche und außerwissenschaftliche Konsens, auf ästhetische Produktion nur noch im Sinne einer Analogie zurück. Mit der Aufhebung dieser kategoriellen Trennung verbinde ich den Versuch, eine bislang wenig beachtete historische Kontinuität zu etablieren: Der schöpferische Mensch, der weite Teile unseres Berufs- und Privatlebens prägt, stammt aus der Ästhetik, aber auch aus der politischen und wirtschaftlichen Ordnung des 18. Jahrhunderts.